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Emotionsreiche 24h-Premiere für ATM-Motorsport

Wenn Lebensträume Wirklichkeit werden

Ein Lebenstraum ging für Teamchef Werner Meiswinkel bereits in Erfüllung, als die Teilnahme seines noch jungen, eigenen Teams beim 35. ADAC Zurich 24h-Rennen am Nürburgring endlich besiegelt war. Noch traumhafter war da nur das Ergebnis, was bei der Premiere eingefahren werden konnte und das auch die Männer des „Frauenpower“-Teams in Freudentränen ausbrechen ließ.

Der Erfolg war vielleicht eine Belohnung für den unglaublichen Sportsgeist, den das Team bereits beim Training am Freitag an den Tag legen musste. Schon in der ersten Runde kämpfte der 1,6 Liter-Motor des Fiesta mit Öldruckproblemen in den unteren Drehzahlbereichen. Nach der ersten gezeiteten Runde wurde dann der Öldruckschalter gewechselt und alles schien wieder zu laufen, im Wehrseifen blieb das Auto dann aber endgültig stehen. Als das Auto endlich zurück in der Box war, spuckten drei verschiedene Kompressionsprüfer auf dem 1. und 4. Zylinder jeweils viel zu niedrige Werte aus. Die einzige endgültige Lösung des Problems lag im Einbau eines neuen Motors, der jedoch nicht zum Bestand des teameigenen Ersatzteillagers zählte. Es musste also bei Ford ein neuer Motor gekauft werden. „Ich ordere jetzt das Teil bei Ford und stelle dann schon mal einen Konkursantrag beim Amtsgericht“, unkte Teamchef Werner Meiswinkel. An Aufgeben dachte jedoch niemand. Stattdessen wurde bis zum Nachttraining der neue Motor eingebaut, schließlich ist die Technik des Ford Fiesta längst keine Unbekannte mehr für Peter Graf und seine Mechaniker. „Wir haben vor dem 24-Stunden-Rennen fast jedes Teil ausgewechselt, was auszuwechseln geht“, erklärt der Chefmechaniker.

Das Zeittraining lief dann mit neuem Motor den Vorstellungen und Vorgaben entsprechend. Einzig die Hinterachse bereitete noch Sorgen. Für Stefanie Manns, die sonst den Ford Fiesta ST des Teams rhino’s Leipert Motorsport in der VLN pilotiert, war die Hinterachse zu schwammig eingestellt. Nach kurzer Zeit war jedoch eine Kompromisseinstellung gefunden, mit der alle Fahrerinnen zufrieden waren. Zusätzlich fuhr Stefanie Manns einen anderen Reifendruck auf der Hinterachse, der ihrem vergleichsweise sehr aggressiven Fahrstil mehr entgegen kam. Eine Bestzeit von 11:30,328 bedeutete für den „Frauenpower“-Fiesta die 209. Position von 228 gewerteten Autos.

Das Damoklesschwert eines Gewitters hing seit Tagen über der Eifel, am Rennsamstag jedoch an einem besonders seidenen Faden. Die Reifenfrage stellte sich beinahe minütlich, bei ATM-Motorsport blieb man zunächst auf Slicks und überließ das Pokern den anderen. Pünktlich zum geplanten Rennstart um 15 Uhr ging dann auch der erste Regenschauer im Verbund mit Blitz und Donner, stellenweise sogar mit Hagel, herunter. Als die erste Startverzögerung dann bekannt gegeben wurde, bekam der „Frauenpower“-Fiesta Intermediates aufgezogen. Bei der zweiten Verlegung des Starts war die Strecke dann komplett nass, sodass nur noch Regenreifen in Frage kamen.

Mit fast zwei Stunden Verspätung startete dann endlich das ADAC Zurich 24h-Rennen in seine 35. Auflage. Jana Meiswinkel als Startfahrerin hatte sich als Priorität gesetzt, das Auto auf keinen Fall von der Strecke zu bugsieren. „Und wenn ich als Letzte aus der ersten Runde komme, dann ist mir das egal. Hauptsache, das Auto bleibt heile“, sagte die 19-Jährige vor dem Start in ihr zweites 24h-Rennen in der Eifel.

Doch diesen Vorsatz hatte wohl nicht nur die Abiturientin alleine, so konnte sie fast schon ohne Risiko an den meisten Konkurrenten vorbeirollen. Nach zwei Runden war die Strecke dann schon soweit abgetrocknet, dass Slicks wieder Sinn machten. Umgehend wurden also die profillosen Pneus montiert und Jana Meiswinkel fuhr zurück auf die Strecke. In der folgenden Rennstunde kämpfte sie sich begünstigt durch die frühe Entscheidung zu Slicks durch fast die gesamte dritte Startgruppe und hatte nach 90 Minuten schon 60 Positionen gut gemacht, Platz 149! Dabei konnte eine Rundenzeit von 11:13 verbucht werden, 17 Sekunden schneller als noch im Zeittraining!

Nach etwas mehr als zwei Stunden folgte dann der erste Fahrerwechsel. Stefanie Manns übernahm in ihrem allerersten 24h-Rennen am Nürburgring den Fiesta auf der bereits 125. Gesamtposition. Jana Meiswinkel gab derweil zu Protokoll, dass sich das Auto durch die Änderungen an der Hinterachse sehr sicher bewegen lässt. „Mit den Regenreifen war ich noch etwas zaghaft unterwegs, mit Slicks ging es dann aber stetig bergauf. Es war wirklich anstrengend, schließlich saß ich schon seit 14.30 Uhr in voller Montur im Auto“, berichtet die Wilnsdorferin weiter.

Auf der Strecke brannte Stefanie Manns ein weiteres Feuerwerk ab. Nach einem Dreher ohne Folgen bekam sie einen schnellen Rhythmus herein, der unter anderem fünf aufeinander folgende 11:07er Runden mit sich brachte.

Erste Probleme gab es, als Jutta Beisiegel den „Frauenpower“-Fiesta erstmals übernahm. Vor der Kulisse von 210.000 Zuschauern rund um die Strecke musste die Pfälzerin bei einbrechender Dunkelheit zwei kleinere Rempler einstecken, wobei eine dieser Begegnungen der dritten Art einen eingeklappten Außenspiegel nach sich zog. Durch die eingeschränkte Sicht nach hinten stiegen zwar die Rundenzeiten an, die Position im Gesamtklassement blieb aber beinahe gleich, denn auch die Konkurrenz hatte mit der Dunkelheit und der beginnenden Nebelbildung zu kämpfen.

Um kurz nach 23 Uhr übernahm dann Jana Meiswinkel wieder das Steuer und kämpfte sich durch den immer dichter werdenden Nebel. Jutta Beisiegel war derweil noch immer tief beeindruckt vom Eifelwetter. „Ich habe gerade die Linien-Such-Linie erfunden. Teilweise bin ich im 2. Gang rumgerollt und habe darauf gewartet, dass links oder rechts eine weiße Linie auftaucht“, berichtet die 45-Jährige.

Jana Meiswinkel zeigte sich nach ihrem gut zweistündigen Nachtturn vor allem über die nach bereits drei Getriebeschäden in der aktuellen VLN-Saison nicht unbedingt erwartete Standfestigkeit des Fiesta höchst zufrieden: „Das Auto läuft ohne Probleme und das Getriebe lässt sich immer noch butterweich schalten. Auf der Strecke ist viel Nebel, am Metzgesfeld sieht man gar nichts.“

Um kurz nach 1 Uhr übernahm wieder Stefanie Manns den 170PS starken Renn-Fiesta und verschwand kurz darauf schon wieder im dichten Nebel. Ein kleiner faux-pas hatte dann große Auswirkungen: Beim Boxenstopp vergaß man, den Funk der 26-Jährigen einzustöpseln, wodurch nur noch die Kommunikation per Boxentafel und Lichtzeichen möglich war. Nach gut anderthalb Stunden im Turn befand sich die Mechanikercrew dann in einer kollektiven Ruhephase, als es plötzlich hieß: „Fiesta ist da!!“

Blitzschnell setzen sich alle Mechaniker in Bewegung, doch von Chaos keine Spur. Das Team hatte sich mittlerweile eingespielt und meisterte den Boxenstopp samt Fahrerwechsel nur mit einer kleinen Verzögerung. Auf Platz 104 im Gesamtklassement und auf dem 4. Platz in der Klasse SP2 übernahm Jutta Beisiegel um 3 Uhr wieder den Fiesta. Der Grund für den verfrühten Boxenstopp lag in den unmenschlichen Sichtverhältnissen auf der Strecke, die Stefanie Manns veranlassten, infolge nachlassender Konzentrationsfähigkeit schon früher die Box anzusteuern.

Gerade hatte sich die Aufregung wieder gelegt, da kam um kurz vor 4 Uhr die Mitteilung der Rennleitung, dass das Rennen unterbrochen sei. Die Sicht war nun auch auf der GP-Strecke so schlecht geworden, dass dieser Schritt nötig wurde. Und jetzt? Parc fermé? Mitnichten. Alle Fahrzeuge sollten sich auf der Start/Ziel-Geraden sammeln.

Bei ATM-Motorsport schaltete man schnell und entschied sich für einen Bremsenwechsel. Dieser wäre möglicherweise sowieso nötig gewesen, da sich beim Turn von Stefanie Manns, die härter auf der Bremse steht als die Stammfahrerinnen, bereits ein Schlagen in der Bremsanlage angekündigt hatte. Auf der völlig vernebelten Start/Ziel-Geraden war dann der Bremsenwechsel gerade abgeschlossen, als die Rennleitung alle Fahrzeuge nun doch in die Boxengasse schickte. Schnell war allen klar: Die Rennunterbrechung würde sich über einen längeren Zeitraum erstrecken.

Als nach fast 6 Stunden das Rennen wieder aufgenommen wurde, war das Team zumindest wieder ausgeschlafen und gerüstet für den Schlussspurt, der aber immer noch einer doppelten VLN-Renndistanz entsprach. Jana Meiswinkel fuhr den Restart auf trockener Strecke und konnte sich in 12 völlig problemlosen Runden weiter durchs Feld kämpfen. Neben einer neuen persönlich schnellsten Rennrunde des Teams in 11:04,803 Minuten war eine Verbesserung um 14 Positionen im Gesamtklassement, von 103 auf 89, zu verzeichnen. Und nach wie vor lief der Cup-Fiesta wie ein Uhrwerk.

Kurz nach Mittag übernahm Stefanie Manns zum dritten Mal den Ford Fiesta und fuhr weiterhin auf Slicks, während sich das nächste Unwetter bereits ankündigte. Schon in der ersten Runde fielen erste Tropfen, doch Stefanie Manns wollte es weiter mit Slicks probieren. In ihrer zweiten Runde fing es dann richtig an zu regnen, teilweise auch wieder zu hageln. Nach dieser Runde folgte dann schon der nächste Fahrer- und Reifenwechsel. Jutta Beisiegel übernahm für Stefanie Manns mit Regenreifen wieder das Steuer.

„Die Regenreifen waren goldrichtig“, strahlte die Pfälzerin dann nach ihrem letzten Turn bis über beide Ohren. Denn obwohl bereits der Großteil der Strecke schnell wieder abgetrocknet war, gab es doch noch einige nasse Stellen, die vielen Kontrahenten zum Verhängnis wurden. Knapp zwei Stunden vor Schluss begab sich Jana Meiswinkel dann wieder mit Slicks bestückt auf den finalen Turn. Im harten Duell mit dem Kühlewein-Civic und dem Teichmann-Swift ging es um die zweite Position in der Klasse SP2, der führende Fiesta des Lauderbach-Teams war jedoch schon über alle Berge.

Letztendlich wurde es beinahe eine Zentimeterentscheidung. Der Kühlewein-Civic schaffte es vor Ablauf der Zeit noch einmal vor dem Führenden über die Ziellinie und wurde so zwar 13 Minuten nach dem „Frauenpower“-Fiesta, aber mit einer Runde mehr auf der Uhr abgewinkt. Der Teichmann-Swift kam dagegen in derselben Runde und rund anderthalb Minuten hinter dem Fiesta ins Ziel.

Die Szenen, die sich bei der Zieldurchfahrt am ATM-Kommandostand abspielten, sind mit Worten kaum zu umschreiben. Teamchef Werner Meiswinkel fiel ein so großer Stein vom Herzen, dass wohl selbst im heimatlichen Siegerland noch das Geschirr in den Küchenschränken zu klirren begann. Das ganze Team lag sich in den Armen, die Fahrerinnen bedankten sich bei den Mechanikern, die Mechaniker bei den Fahrerinnen und jeder dankte und beglückwünschte den Teamchef für die Verwirklichung seines Lebenstraums.

Auch Minuten nach dem Fallen der Zielflagge konnte noch niemand ein klares Wort fassen. Manchmal sagen aber mit Champagner vermischte Freudentränen mehr als 1000 Worte. „Da gibt es nichts zu sagen“, war das einzige Statement, das viel später mit zitterndem Kinn über die Lippen von Werner Meiswinkel gelangte.

Die viel zu trockenen Zahlen sind am Ende von zwölf gestarteten Autos ein dritter Platz in der Klasse SP2 sowie ein 71. Platz im Gesamtklassement bei 228 gestarteten und 158 gewerteten Autos.

In den nächsten zweieinhalb Monaten wird es viele Eindrücke für das Team zu verarbeiten geben, bevor am 18. August der sechste Lauf zur BF Goodrich Langstreckenmeisterschaft am Nürburgring auf dem Plan steht.

geschrieben von: Michael Bräutigam
Fotos: Oliver Wegen

ATM Motorsport Marketing



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